Ein aus Silber gearbeitetes Collier mit neun sogenannten „Maona“-Perlen wurde zur Untersuchung vorgelegt. Das Collier stammt aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und ist im historisierenden Stil gearbeitet. Schnörkel- und Blattranken dominieren, angeordnet zwischen Stegen und verziert mit Kügelchen und winzigen Perlchen.
Abb. 1: Collier aus Silber, Länge 41cm, Breite 1.7-3.3cm, 82.5 Gramm. Keine Punzierung. Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts
Die „Maona“ Perlen gehen in der Größe von 18x14 bis 26x23 mm, die Formen sind unregelmäßig oval. Die „Perlen“ zeigen in der Mitte ein sogenanntes „Auge“, der Untergrund ist weiß, mit bräunlichem Rand. Der Glanz ist porzellanartig.
Der Name „Maona“-Perle bezeichnet keine richtigen Perlen, sondern wird umgangssprachlich für das Operculum der Meeresschnecke Turbo petholatus L., 1758 verwendet. Das Operculum versiegelt die runde Mundöffnung der Schale bei lebenden Schnecken, der lateinische Name bedeutet soviel wie „Deckelchen“.
Opercula können normalerweise durch Augenscheinnahme erkannt werden. Die neun Beispiele in dem beschriebenen Collier wurden darüber hinaus mit einem Gemolite-Mikroskop untersucht. Die weißen und grünen Teile der Oberfläche zeigen ein Eindechsenhautmuster, das am bräunlichen Rand noch ausgeprägter ist und fast narbenähnlich aussieht.
Turbo petholatus kommt im westlichen und mittleren Pazifischen Ozean vor. Operucula werden seit Jahrhunderten für Schmuckzwecke verwendet und haben in der Vergangenheit mehrere Namen erhalten, z.B. „Chinesisches Katzenauge“ oder „Venusnabel“. Das Wort „Maona“ stammt aus Samoa, es bedeutet soviel wie „Glück“ in der polynesischen Sprache. Polynesier verwendeten die Objekte auch zum Ausschmücken der Augen von Götzenfiguren. Man fand sie auch in den Augen von alten chinesischen Buddhafiguren, ein Hinweis auf jahrhundertealte Handelsbeziehungen nach China. In Samoa wurden die „Perlen“ auch als Geld verwendet. Im 19. Jahrhundert waren sie als „Meeresnabel“ ein häufig verkauftes Mittel gegen Sodbrennen in deutschen Apotheken.
Die Schalen der Gattung Turbo wurden in großen Mengen in der Perlmuttindustrie verwendet,
und sie sind nach wie vor von der italienischen Kameenindustrie gesucht. In den letzten zehn Jahren sind Perlen aus Turboschnecken auf dem Naturperlenmarkt bekannt geworden.
Das vorliegende Collier war von einem Berliner Goldschmied gearbeitet worden, der als Hoflieferant des Königs von Preußen firmierte. Letzter wurde 1871 zum deutschen Kaiser gekrönt, blieb aber gleichzeitig König von Preußen. Das Collier offenbart einen Goldschmied, dem es gelang, ein relativ opulent aussehendes Schmuckstück im Stil seiner Zeit herzustellen und dabei kleine Objekte aus dem Meer zu verwenden, die eher in ein Kuriositätenkabinett gehört hätten. In diesem Zusammenhang ist vielleicht anzumerken, daß 1860 eine preußische Forschungsexpediton auf dem Schiff „Thetis“ begann, zu der auch Carl Eduard von Martens vom Berliner Museum für Naturkunde gehörte. Er brachte große Sammlungen zurück, die entscheidend zur späteren Bedeutung der Molluskenabteilung des Museums beitrugen. Die japanische Perlmuschel, umgangssprachlich heute als Akoya-Muschel bekannt, erhielt später ihren lateinischen Namen Pinctada martensii nach von Martens.